Speisesaal

André hatte sich, seine Umwelt und damit vor allem die für diese Uhrzeit seiner Meinung nach viel zu fröhlichen Gespräche einfach ausgeblendet und widmete sich beinahe mechanisch seinem Frühstück. Morgens war einfach nicht so wirklich seine Tageszeit, deswegen bekam er das Hickhack der Dortmunder auch gar nicht wirklich mit. Was er mitbekam war Leon, der sich an einem anderen Tisch niederließ – alleine. Erstaunt blickte André dem Abwehrspieler hinterher. Zugegeben, er kannte ihn kaum, genauso wie die anderen vermutlich, aber gefressen worden wäre er hier mit Sicherheit nicht. Außer er hätte den Kardinalfehler begangen und Manu sein Nutella geklaut. Aber hier wäre mit Sicherheit niemand so boshaft gewesen und hätte ihn in diese Falle tappen lassen. Kurz war der Blondhaarige versucht, etwas zu sagen, doch da hatte sich Ken bereits abgewandt und André musste zugeben, dass er auch gar nicht wusste, was genau er hätte sagen wollen.

André vergrub seine Nase wieder in seiner Tasse Kaffee und zwang sich dazu, etwas wacher und vor allem munterer zu werden. Hätte man ihn jetzt joggen geschickt, wäre das alles kein Problem gewesen, aber sozial und munter und freundlich zu dieser Uhrzeit zu sein, das war ja beinahe unmenschlich. Leider musste er bereits einen Moment später feststellen, dass schlagfertig auch nicht geschadet hätte, als Manu und Per ihr Gespräch praktisch beendet hatten und sich die Aufmerksamkeit des Torwarts ihm zuwandte. Ein guter Konter wäre jetzt genau das, was er am Nachmittag gebracht hätte, aber hinsichtlich der Tageszeit war er sogar auf sein „Klappe, Neuer, iss weiter dein Nutella!“ schon stolz. Wenigstens brachte er ein Grinsen zustande und leerte gleich darauf seine Kaffeetasse. „Wenn ihr euch von eurem Nutella losreißen könnt, können wir los!“ Während der Mittelfeldspieler sein Geschirr zusammenräumte, drehte er sich halb zu dem anderen Tisch um. „Ken, willst du mitkommen?“

André musste leicht grinsen, als er bemerkte wie überrumpelt Ken war, dachte dann aber zurück an die vergangenen Tage. Wenn er ehrlich war, dann hatte er da nicht einmal auf Ken geachtet oder diesen irgendwo in ihrer Nähe bemerkt. Und das nannte sich Mannschaft mit Teamgefühl und Zusammenhalt. Kein Wunder, dass sie auf dem Platz auch nicht zu hundert Prozent harmonierten. Auf der anderen Seite war es nie zu spät das zu ändern und André schwor sich, in Zukunft ein wenig mehr auf seine Mitspieler zu achten. Besonders die, die gerade zum ersten Mal dabei waren. Wenn es selbst für ihn manchmal noch immer überwältigend war, wie musste es dann ihnen gehen?

Geduldig wartete er, bis der Abwehrspieler sein Geschirr vorbildlich beiseite geräumt hatte und sich zu ihnen gesellte. Er wollte gerade Manuel damit aufziehen, dass er den Weg weisen konnte, wenn er doch schon ach so wach und munter war, da sprintete Per noch mal auf das Obstbuffet zu und gleich darauf mit Proviant wiederkam. Da konnte sich auch der Blondhaarige eine Stichelei nicht verkneifen. „Kein Wunder, dass du auf dem Feld grundsätzlich lahm bist! Ken, hilf mal schieben, sonst kommen wir nie pünktlich zum Training!“ Und damit versuchte er wirklich ihren Abwehrriesen zur Tür hinaus zu bugsieren, immerhin wollte wohl keiner von ihnen morgens schon Strafrunden laufen.