Wasserspiele

„Komm mal mit.“ Er war schon überrascht, als sie den Kopf schüttelte. Sie hatte das Hemd doch ausgesucht. Und es stand ihm auch, wenn er das richtig beurteilen konnte. Doch ihre Worte verwirrten ihn noch mehr. Dennoch ließ er sich mit zurück in die Kabine ziehen. „Helena?“, fragte er nach, als sie auch noch den Vorhang zuzog. Er hatte keine Ahnung, was das hier wurde. „Du weißt auch nicht, wie man sich anzieht, oder?“ Erstaunt sah er an sich herunter, als sie anfing, sein Hemd aufzuknöpfen. Und dann musste er doch lachen. „Ich wollte halt besonders schnell zu dir“, grinste er und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn, da sie so nah bei ihm stand. Es war schön und er wünschte, der Moment würde viel länger dauern. Aber er wusste, dass es nicht so sein würde. Doch wie sollte er sich damit abfinden, wenn sie sich durch Zufälle immer wieder so nah waren? „Du siehst wirklich gut aus.“ Er lächelte, als er das hörte. Zögernd legte er seine Hand locker um ihre Hüfte. „Danke“, antwortete er. Doch eigentlich meinte er etwas ganz anderes. „Danke, dass ich mit dir hier sein darf.“

„Ich wollte halt besonders schnell zu dir.“ Sie spürte ihr, wie ihr die Röte in die Wangen stieg. Er sollte solche Dinge nicht sagen. Sie war doch nur Freunde. Der Kuss, der auf ihrer Stirn landete, war viel intensiver, als er eigentlich sein sollte. Es war als hätte er sie direkt auf die Lippen geküsst. So viel Gefühl spürte sie zwischen ihnen. Verwirrt trat sie einen kleinen Schritt zurück. „Danke.“ Sie lächelte bloß knapp. Es war alles in Ordnung. Sie half ihm gerne. „Danke, dass ich bei dir sein darf.“ Erst jetzt hatte sie die Hände, die locker um ihre Hüfte lagen, bemerkt. Sie sah zu ihm auf. In seine blauen Augen, die sich von dem dunklen Hemd so deutlich hervorhoben. Es wurde plötzlich ganz ruhig zwischen ihnen.

Er lächelte sie an, als sie den Kopf hoch und ihn nicht mehr nur durch den Spiegel ansah. Sie war so klein und zierlich. Wie hatte MüWo ihr da…irgendwas…antun können? Er verstand es einfach nicht. Jemanden wie Helena musste man beschützen. Je länger er in ihre dunklen Augen blickte, desto mehr versank er in ihnen. Sie hatte ihm sein Herz gestohlen. Und gleichzeitig hätte er es keinem anderen schenken wollen. Er war so fasziniert von ihrem Anblick, dass er nicht merkte, wie er ihr immer näher kam. Erst als er bereits ihren Atem auf seinem Gesicht spürte, blinzelte er. Was tat er hier? Helena sah ihn als Freund. Nicht mehr. Und auch wenn er es so gerne würde, er durfte es nicht. Er war mit ihr nach Paris gefahren, um für sie da zu sein. Er hoffte, sie hatte nichts gemerkt. Dass er die Arme richtig um sie legte und den Kopf auf ihre Schulter legte, lenkte sie hoffentlich von diesem Moment gerade ab.

Sie konnte sich nicht bewegen, als er sich immer näher zu ihr beugte. Er würde doch nichts tun, was sie noch mehr verwirren würde, oder? Denn gerade konnte sie das hier überhaupt nicht einschätzen und wollte es auch eigentlich gar nicht. Kurz vor ihrem Gesicht machte er halt und sie sah ihn weiterhin nur etwas bedröppelt an. Doch dann zog er sie plötzlich an sich und legte seinen Kopf auf ihre Schulter. Sanft legte sie ihre Arme um seinen Hals und strich ihm über den Hinterkopf. „Ich bin froh, dass du mich nicht hast alleine fahren lassen.“ Es würde sicher noch schön werden, wenn sie bloß die verwirrenden Situationen umgehen konnten. Vorsichtig löste sie sich aus der Umarmung. „Du solltest beides nehmen.“ Damit verließ sie die Kabine und wartete davor.

Er schloss genießerisch die Augen, als er ihre Finger auf seinem Hinterkopf spürte. „Ich bin froh, dass du mich nicht hast alleine fahren lassen.“ Unbewusst zog er sie noch ein Stück enger an sich. Er hätte es nicht mit sich vereinbaren können, sie alleine durch halb Frankreich zu schicken. Nicht, wenn er wusste, warum sie das tat. Doch ehe er etwas erwidern konnte, zog Helena sich zurück. „Du solltest beides nehmen.“ Er lächelte. Dann war das wohl eine beschlossene Sache. Nachdem er wieder alleine war, zog er sich rasch um und trat dann mit dem Hemd und der Jacke aus der Kabine. Während er an der Kasse darauf wartete, dass er die Sachen bezahlen konnte, ließ er seinen Blick weiter durch den Laden schweifen. Als er sah, wie auch Helena sich umsah, lächelte er. Sie schien diese Ablenkung wirklich zu brauchen und er würde bestimmt noch etwas finden, um sie auf andere Gedanken zu bringen.
Er verabschiedete sich nach dem Bezahlen mit einem freundlichen Lächeln und ging zu ihr. „Wollen wir?“ Als sie nickte, verließ er mit ihr das Geschäft und sah sich um. Die Sonne schien und warum sollten sie dann nicht noch etwas durch Paris gehen? Die Innenstadt hatte bestimmt noch einiges zu bieten. „Lass uns mal in die Richtung gehen“, schlug er vor und deute nach rechts, wo man leise Musik hörte.

„Wollen wir?“ Sie nickte zustimmend und ging dann gemeinsam mit ihm aus dem Laden. Das Wetter heute war wirklich herrlich. Sie hatten Glück gehabt. „Wollen wir in die Richtung?“ Leise Musik ertönte aus der Richtung, in die er zeigte. Auch dieses Mal stimmte sie zu. Kaum waren sie ein Stück gegangen, blieb sie stehen. Da war ein wunderschönes, hellblaues Kleid. Doch als sie auf den Preis sah, musste sie schlucken. Das war eindeutig viel zu teuer für sie. „Wollen wir was essen?“, lenkte sie ihn ab und zog ihn einfach mit sich. Ihr Magen machte sich gerade tatsächlich bemerkbar. Seit gestern Abend hatte sie nichts mehr gegessen.
Nachdem sie ein passendes Restaurant gefunden hatten, bestellte sie eine Kleinigkeit und sah dann aus dem Fenster. Es war so viel passiert und sie wüsste nicht, wie sie damit umgehen sollte, wenn sie wieder in Marseille wäre. Sie konnte MüWo noch nicht einmal die ganze Schuld für alles geben, denn sie hatte es ja zugelassen. Auch wenn sie ihm am Anfang ganz klar gesagt hatte, dass sie das nicht wollte. Er hatte sie an eine Grenze getrieben und die hatte ihr Angst gemacht. Deswegen wollte sie ihn gerade überhaupt nicht mehr sehen. Das zwischen ihnen war so gefährlich und zerbrechlich gewesen und jetzt hatte der Arzt mit einem riesigen Felsbrocken die Scheibe eingeschlagen. Sie wusste nicht, ob das jemals wieder zu reparieren war. Aber vor allem war sie jetzt mit Jürgen hier und auch wenn sie den Gedanken verdrängen wollte, sie wusste, dass er in sie verliebt war. Und doch hatte sie die ganze Nähe zwischen ihnen zugelassen. Sie nahm einen Schluck von ihrem Kaffee und sah dann wieder zu Jürgen. „Wirst du beim Training nicht vermisst?“

Sie waren erst wenige Meter gegangen, als Helena schon wieder stehen blieb. Ihr Blick haftete an einem hellblauen Kleid. Lächelnd wollte er ihr schon vorschlagen, es anzuprobieren, da zog sie ihn weiter. „Wollen wir was essen?“ Es war eindeutig der Versuch, ihn und auch sich selbst abzulenken. Aber jetzt wusste er, wie er ihr eine kleine Freude machen konnte. Doch es würde eine Überraschung werden. Deshalb ließ er sich bereitwillig mit zu dem Restaurant ziehen. Nachdem sie bestellt hatten, sah er sich um. Sie sahen auf einen kleinen Platz, in dessen Mitte ein kleiner Brunnen stand. Es war wirklich schön. „Wirst du beim Training nicht vermisst?“ Er blinzelte kurz und sah dann zu Helena. Ich habe André gesagt, dass ich ein paar Tage nicht da sein kann. Er wird das auch alleine schaffen“, beruhigte er sie. „Die Vorbereitungen auf das nächste Spiel haben wir schon durchgesprochen und wenn etwas wirklich Dringendes meine Anwesenheit erfordert, bin ich ja in wenigen Stunden da. Aber ich vertraue den Trainern da. Sie wissen, was sie zu tun haben.“ Etwas anderes interessierte ihn da viel mehr. „Warst du schon mal in Paris? Oder warum hat es dich gestern ausgerechnet hierher gezogen?“ Neugierig sah er Helena an und trank einen Schluck Kaffee.

Ich habe André gesagt, dass ich ein paar Tage nicht da sein kann. Er wird das auch alleine schaffen“, beruhigte er sie. „Die Vorbereitungen auf das nächste Spiel haben wir schon durchgesprochen und wenn etwas wirklich Dringendes meine Anwesenheit erfordert, bin ich ja in wenigen Stunden da. Aber ich vertraue den Trainern da. Sie wissen, was sie zu tun haben.“ Sie nickte. Das klang durchaus plausibel. Auch wenn sie wohl daran Schuld wäre, wenn irgendetwas passieren würde und er deswegen nicht im Hotel in Marseille sein konnte. „Warst du schon mal in Paris? Oder warum hat es dich gestern ausgerechnet hierher gezogen?“ Sie nahm ebenfalls einen Schluck von ihrem Kaffee und gab ihm erst dann eine Antwort. „Ich wollte schon immer mal nach Paris. Außerdem...“ Sie machte eine kurze Pause und umfasste ihre Kaffeetasse mit beiden Händen. „Ich weiß nicht, ob es richtig ist dir das zu erzählen.“ Kurz wandte sie den Blick ab. Wenn sie so verwirrt war und seine Gefühle so eindeutig, würde das nicht gut enden und doch entschied sie sich dafür mit ihm zu reden. Sie hatte das Gefühl, dass sie ihm trotz allem vertrauen konnte. „Ich bin so verwirrt, weil innerhalb weniger Tage so viel passiert ist. Ich weiß nicht, was ich will und was gut für mich ist. Da ist die Stadt der Liebe hoffentlich ein guter Anfang.“

„Ich wollte schon immer mal nach Paris. Außerdem…Ich weiß nicht, ob es richtig ist, dir das zu erzählen.“ Fragend sah er sie an. Und war leicht besorgt, als sie den Blick abwandte. Sie musste ihm nichts erzählen, wenn sie das nicht für richtig empfand. Das wusste sie hoffentlich. „Ich bin so verwirrt, weil innerhalb weniger Tage so viel passiert ist. Ich weiß nicht, was ich will und was gut für mich ist. Da ist die Stadt der Liebe hoffentlich ein guter Anfang.“ Er lächelte schwach, als sie von der Stadt der Liebe sprach. Diese Bedeutung würde Paris für Helena und ihn wohl nie haben. Auch wenn er es sich wünschte. „Es ist wirklich viel passiert“, gab er ihr Recht. Die EM, seine Gefühle, dann die ständigen Auseinandersetzungen mit Per und dann drängte sich auch noch der Arzt dazwischen und machte alles noch komplizierter, als es eh schon war. „Ich kann dir leider keinen anderen Rat geben, als für dich selbst herauszufinden, was du möchtest. Und ich hoffe, du verstehst es nicht falsch, wenn ich dir sage, dass ich dir dabei helfen werde, wenn du das willst.“ Er wollte einfach nicht, dass seine Gefühle zwischen ihnen standen.

„Es ist wirklich passiert“, bestätigte er noch einmal ihre Worte. Aber sie konnte es leider nicht ändern. Auch wenn sie das gerne wollte. „Ich kann dir leider keinen anderen Rat geben, als für dich selbst herauszufinden, was du möchtest. Und ich hoffe, du verstehst es nicht falsch, wenn ich dir sage, dass ich dir dabei helfen werde, wenn du das willst.“ Ihr Blick wurde weich und zugleich wurde ihr wieder bewusst, wie schwer ihm das hier alles fallen musste. „Hör mal“, begann sie und legte ihre Hand auf seine. „Es tut mir leid, dass du wegen mir so viel Ärger hast. Ich kann dir wirklich nicht zumuten, dass du mir dabei hilfst, obwohl es dir dabei nicht gut geht.“ Ihr Blick wurde traurig und sie zog ihre Hand zurück. „Und ich weiß trotz allem nicht, was zwischen uns ist. Ich weiß nur, dass ich dir nicht ständig wehtun will.“

„Hör mal.“ Verwundert sah er sie an, als sie ihre Hand auf seine legte. Auch wenn es sich gut anfühlte, durfte er da nicht zu viel hineininterpretieren. „Es tut mir leid, dass du wegen mir so viel Ärger hast. Ich kann dir wirklich nicht zumuten, dass du mir dabei hilfst, obwohl es dir dabei nicht gut geht.“ Als sie ihre Hand zurückzog und schwieg, wandte er den Blick ab. Sie hatte ja Recht. Er wusste nicht, wie lange er dieses Gefühlschaos noch aushalten konnte. Aber er konnte sie nicht im Stich lassen. Er musste wissen, dass es ihr gut ging. „Und ich weiß trotz allem nicht, was zwischen uns ist. Ich weiß nur, dass ich dir nicht ständig wehtun will.“ Irritiert sah er sie wieder an. Wie meinte sie das denn jetzt? „Wir sind Freunde“, stellte er klar. Auch wenn er mehr für sie empfand. Solange sie ihn als Freund akzeptieren konnte, würde er das sein. „Und du tust mir nicht ständig weh.“ Das war nicht ganz gelogen, aber der Wahrheit entsprach es auch nicht wirklich. Doch sie durfte nicht auch noch ein schlechtes Gewissen haben. „Es ist alles gut so, wie es ist“, lächelte er.

„Wir sind Freunde.“ Sie wandte den Blick ab. Für ihn schien das damit wohl geklärt zu sein und irgendwie störte sie das. Aber wie konnte sie erwarten, dass er nach ihrem ganzen Theater noch...? Sie schüttelte innerlich den Kopf. Das war alles kompletter Quatsch. Wenn sie Freunde waren, war das ein guter Anfang. „Und du tust mir nicht ständig weh. Es ist alles gut so, wie es ist.“ Sie suchte seinen Blick. Er sagte nicht die Wahrheit. Das konnte sie sehen, auch ohne dass er es aussprach. Irgendwie ließ sie diese Erkenntnis traurig werden. Sie tat ihm weh und konnte nichts dagegen tun. Vielleicht mussten sie beide einfach versuchen damit umzugehen. Wenn er trotzdem noch mit ihr befreundet sein konnte...Irgendwann würde er es sicher nicht mehr können. Am besten zog sie irgendwann einfach den Schlussstrich. Aber das konnte sie nicht. Er war ihr wichtig, wenn auch vielleicht nicht als große Liebe. „Dann ist ja alles geklärt“, murmelte sie leise.

„Dann ist ja alles geklärt.“ Helena sprach so leise, dass er sie kaum verstanden hatte. Und er konnte ihre Worte nicht wirklich einschätzen. Es klang so…gleichgültig. „Entschuldige mich einen Moment“, murmelte er und stand auf. Sie brauchten wohl gerade beide einen Moment für sich alleine. Als er in einer kleinen Seitenstraße stand, lehnte er sich seufzend gegen eine Wand. Er hatte das Gefühl, dass das Gespräch in eine vollkommen falsche Richtung abgedriftet war. Aber wie hatte es soweit kommen können? Kopfschüttelnd ging er weiter. Vermutlich kam es ihm nur so vor. Aber es lag an Helena. Er würde wohl immer in ihrer Nähe sein wollen. Sie musste entscheiden, ob sie damit umgehen konnte.
Er wusste nicht, wo die Straße hinführte, aber verlaufen würde er sich wohl nicht. Kurze Zeit später stand er wieder vor dem Geschäft, in dem sie seine Sachen geholt hatten. Das hieß, dass der Laden mit dem Kleid war hier ganz in der Nähe. Abermals blieb er vor dem Schaufenster stehen. Es war wirklich schön. Und er hatte sich vorgenommen, es Helena zu schenken. Deshalb betrat er das Geschäft und bekam gleich Hilfe von einer jungen Verkäuferin. Er hoffte, dass die Größe wirklich passte, als er an der Kasse stand, um es zu bezahlen. „Ich würde gerne jemanden damit überraschen, also…“ Er musste gar nicht weitersprechen, denn schon verstaute die Frau das Kleid in einer kleinen, unauffälligen Tüte. „Vielen Dank“, lächelte er und trat wieder auf die Straße.
Er wusste nicht, wie er Helena gegenübertreten sollte, als er vor dem Restaurant stand. Er war einfach gegangen. Auch wenn er es als die richtige Entscheidung angesehen hatte. Kaum hatte er das Restaurant betreten, kam ein Kellner zu ihm und deutete nach draußen zu dem Brunnen. Überrascht drehte er sich um. Helena war also auch gegangen. Und er wusste nicht, wie er das finden sollte. Er hätte gerne ihr Gesicht gesehen, denn das hätte vielleicht Aufschluss über ihre Gefühle gegeben. Doch sie saß mit dem Rücken zu ihm. Langsam ging er zu ihr und ließ die Tüte unauffällig in die andere gleiten. Erst dann sprach er sie an. „Hey“, murmelte er, um sie nicht zu sehr zu erschrecken.

Als er das Restaurant verließ, sah sie ihm fassungslos hinterher. Sie machte wirklich alles falsch. Kurz wurden ihre Augen wässrig, aber dann riss sie sich zusammen und bezahlte den Kaffee. Sie wollte nicht länger hier bleiben. Da sie aber auch nicht ganz weit weg von dem Restaurant bleiben musste, setzte sie sich an den kleinen Brunnen und beobachtete das Wasser. „Hey.“ Erschrocken zuckte sie zusammen und drehte sich in Sekundenschnelle um. Sie hatte wirklich ein schlechtes Gewissen und eigentlich war sie doch nur durcheinander und...Ihr Kopf drehte sich da war zu viel, was sie beschäftigte. „Jürgen“, hauchte sie leise und stand zu schnell auf. Plötzlich verabschiedete sich ihr Bewusstsein ins Nirgendwo.

Er sah sie leicht schuldbewusst an, als sie sich zu ihm drehte. Das alles war so kompliziert und am liebsten würde er seine Gefühle einfach ausknipsen, damit wenigstens wieder etwas Normalität einkehrte. „Jürgen.“ Er wollte gerade antworten, da sank Helena ihm regelrecht in die Arme. Ungläubig sah er auf die junge Frau an. So hatte das ja jetzt wirklich gar nicht enden sollen. Er setzte sich auf die Mauer und behielt sie dabei auf seinem Schoß. „Helena“, murmelte er und spritzte ihr ein paar Tropfen Wasser ins Gesicht. Als sie die Augen wieder aufschlug, sah er sie besorgt an. „Was machst du denn für Sachen?“, fragte er leise und strich ihr vorsichtig über die Wange.

Im Hotel trug er sie die Treppen zu ihrem Zimmer hinauf. Auch den kurzen Weg zur Straßenbahn hatte er sie getragen, ohne auf ihre Proteste zu achten. Wenn sie gerade nicht diese Angst vor MüWo hätte, wäre er mit ihr zum nächsten Arzt gefahren. Aber so wäre das vermutlich nur zusätzliche Aufregung gewesen.
Er schob die Tür mit dem Fuß zu und legte sie dann behutsam auf dem Bett ab. „Jag mir bitte nie wieder so einen Schrecken ein“, murmelte er und setzte sich neben sie. Die Tüte landete achtlos neben ihm.

Sie wurde erst wieder wach, als sie etwas Nasses in ihrem Gesicht spürte. Blinzelnd öffnete sie die Augen. „Was machst du denn für Sachen?“ Seine Stimme drang nur wie durch einen Tunnel zu ihr durch. Sie lächelte schwach, als er ihr über die Wange strich. Das Gefühl war einfach nur angenehm im Gegensatz zu dem Chaos in seinem Kopf.

Er hatte sie ins Hotel getragen, auch wenn sie das nicht gewollt hatte. Als sie auf dem Bett lag, war sie schon wieder halbwegs bei Verstand. „Jag mir bitte nie wieder so einen Schrecken ein.“ Entschuldigend sah sie ihn an. Gerade brach einfach alles auf sie herein. Sie wusste nicht, was sie fühlte und vor allem fühlen sollte. MüWo hatte ihr Angst gemacht, obwohl sie sich in ihn verliebt hatte. Zumindest hatte sie das geglaubt. Sie drehte sich auf die Seite. Stumm liefen ihr ein paar Tränen über die Wangen. Sie wusste nicht, was sie tun sollte und sie glaubte nicht, dass er ihr helfen konnte. Es wäre unfair ihm die Beziehung zu dem Arzt noch mehr zu zerstören.

Wieder streichelte er über ihre Wange. Sie musste sich nicht entschuldigen. Er hatte sie vielleicht auch einfach nicht alleine lassen sollen. Aber jetzt galt es vielmehr, Helena zu beruhigen, die sich von ihm wegdrehte. „Hey“, hauchte er und legte ihr eine Decke um die Schulter. Zögernd rutschte er näher und schloss sie dann leicht in seine Arme. Ob sie das gerade wollte, wusste er nicht. Aber sie sah wieder so klein und zerbrechlich aus, dass er einfach nicht anders konnte. „Es kommt alles wieder in Ordnung“, murmelte er und hauchte ihr einen Kuss auf den Hinterkopf. Irgendwie würde sich alles wieder normalisieren.

Sie schloss für einen kurzen Moment die Augen, als er die Tränen von ihrer Wange strich. Er war so zärtlich und irgendwie tat ihr gerade das gut. Da war jemand für sie da, ohne dass etwas dafür verlangt wurde. „Hey.“ Sie schluchzte als Reaktion leise. Auch wenn sie es hatte verhindern wollen, es ging gerade nicht. Als er die Decke um ihre Schultern legte, zog er sie noch höher. Am liebsten wäre sie darunter verschwunden. Er schloss sie dazu auch noch in seine Arme. „Es kommt alles wieder in Ordnung.“ Gerade konnte sie sich das einfach nicht vorstellen. Es war alles so verworren und durcheinander. „Ich weiß nicht, wie ich ihm jemals wieder gegenübertreten soll.“ Sie hoffte, dass Jürgen verstand um wen es ging.

Es schien wirklich alles aus Helena herauszubrechen. Und doch zog er sie deshalb nur noch enger an sich. Sie war nicht alleine. Egal, was er eben gesagt hatte und egal, was er fühlte. Sie konnte sich sicher sein, dass sie sich auf ihn verlassen konnte. „Ich weiß nicht, wie ich ihm jemals wieder gegenübertreten soll.“ Sanft strich er über ihre Schulter. Vielleicht sollte sie MüWo dann einfach gar nicht mehr wiedersehen. Doch das konnte er ihr nicht sagen. Auch wenn er sie so gerne weit weg von ihm wüsste, er verkniff sich diesen Kommentar. „Lass dir Zeit und triff ihn dann, wenn du es für richtig hältst. Es bringt überhaupt nichts, wenn du dich dazu zwingst, ihn zu sehen, weil du glaubst, dass du es musst.“

Als er sie noch enger zu sich zog, drehte sie sich vorsichtig zu ihm. Ein paar Tränen würde er wohl noch ertragen können. „Lass dir Zeit und triff ihn dann, wenn du es für richtig hältst. Es bringt nichts, wenn du dich dazu zwingst, ihn zu sehen, weil du glaubst, dass du es musst.“ Er hatte Recht. Wenn sie es nicht wollte, brauchte sie ihn nicht sehen und eigentlich brauchte sie deswegen nicht mal ein schlechtes Gewissen haben. Das würde sie sowieso haben, aber vielleicht nicht mehr ganz so schlimm. Sie setzte sich langsam auf und lehnte sich dann einfach gegen ihn. Da er seine Arme immer noch um sie gelegt hatte, positionierte sie ihre jetzt auf seiner Brust. „Ich fühle mich einfach verpflichtet ihm etwas zu sagen. Aber ich will seine Reaktion dann nicht sehen.“

„Ich fühle mich einfach verpflichtet, ihm etwas zu sagen. Aber ich will seine Reaktion dann nicht sehen.“ Er seufzte leise und löste eine Hand von ihrem Rücken, um sanft über die ihre zu streichen. „Und genau die Verpflichtung hast du nicht. Natürlich solltet ihr irgendwann mit ihm reden. Aber wann dieser Zeitpunkt ist, entscheidest du allein. Nach dem, was er dir angetan hat, liegt es bei dir, wie es weitergehen soll. Und wenn er das nicht akzeptiert…Dann rufst du mich an und ich wasche ihm gehörig den Kopf.“ Lächelnd drückte er ihr einen Kuss auf die Stirn.

Als er über ihre Hand strich, sah sie unsicher zu ihm auf. „Und genau die Verpflichtung hast du nicht. Natürlich solltet ihr irgendwann mit ihm reden. Aber wann dieser Zeitpunkt ist, entscheidest du allein. Nach dem, was er dir angetan hat, liegt es bei dir, wie es weitergehen soll. Und wenn er das nicht akzeptiert…Dann rufst du mich an und ich wasche ihm gehörig den Kopf.“ Sie wusste bloß nicht, ob sie sich so unschuldig hinstellen durfte. Schließlich hatte sie das alles mit sich machen lassen, wenn auch im Endeffekt alles eher ungewollt war. Doch der Kuss auf ihrer Stirn lenkte sie ab. Das war schon der Zweite, der heute so intensiv zu sein schien. Irgendetwas entwickelte sich doch gerade hier, was sie nicht verstand. Aber dass er ihr anbot ihr Beschützer zu sein, fühlte sich gut an und deswegen ließ sie die Gefühle zu. Sanft hauchte sie ihm einen Kuss auf die Wange und lehnte sich dann wieder zurück. „Danke.“

Obwohl das Thema so ernst war, musste er bei dem Kuss lächeln. „Danke.“ Immer noch mit einem Lächeln schüttelte er den Kopf. „Dafür musst du dich nicht bedanken.“ Er setzte sich auf und entdeckte dabei die Tüte auf dem Boden. Vielleicht konnte er sie damit jetzt ein bisschen ablenken. „Kannst du vielleicht eben die Sachen auspacken? Ich würde mich gerne nochmal bei André erkundigen, wie der Tag war.“ Das war nur eine Ausrede, aber Helena sollte das Kleid alleine finden. „Danke“, fügte er hinzu, hauchte ihr einen Kuss auf die Wange und stand dann auf. Während er darauf wartete, dass sein Co-Trainer abnahm, stellte er sich ans Fenster und sah die Lichter von Paris. Und gleichzeitig konnte er auch in der Scheibe Helena beobachten.

„Kannst du vielleicht eben die Sachen auspacken? Ich würde mich gerne nochmal bei André erkundigen, wie der Tag war.“ Sie nickte. Wenn er schon seine Trainingseinheiten opferte, würde sie das eben auch für ihn tun können. „Danke.“ Dass er sie ebenfalls auf die Wange küsste, war wirklich liebevoll und fühlte sich schon beinahe vertraut an. Nachdem sie aufgestanden war, griff sie nach der Tüte und legte sie aufs Bett. Sie nahm die Jacke und das Hemd heraus und faltete es ordentlich. Dann legte sie es auf einen Stuhl und wollte die Tüte bereits wieder wegpacken, als sie bemerkte, dass diese noch gar nicht leer war. Neugierig zog sie eine Stück blauen Stoff heraus, der sich als wunderschönes Kleid entpuppte. Mit großen Augen legte sie es auf das Bett und wusste doch nicht, was sie damit machen sollte. „Jürgen, wieso hast du denn ein Kleid gekauft?“, fragte sie überrascht.

Das Telefonat mit André war kurz und informativ. Es war nichts Wesentliches passiert und er solle sich noch einen schönen Tag in Paris machen. Lächelnd hatte er Helena beobachtet und sich dann von André verabschiedet. „Jürgen, wieso hast du denn ein Kleid gekauft?“ Immer noch lächelnd drehte er sich zu ihr und packte das Handy weg. „Ich hatte gedacht, das könnte ich beim nächsten Spiel tragen.“ Er versuchte, seine Ernsthaftigkeit zu bewahren und hielt sich das Kleid an den Körper. Ein bisschen Spaß würde ihnen bestimmt nicht schaden. „Aber wenn ich es mir richtig überlege…Ich glaube…“ Er griff nach ihrer Hand und zog sie vom Bett und zu dem großen Spiegel. „…jemand anderem steht es noch viel besser.“ Lächelnd stellte er sich hinter sie und hielt das Kleid an ihren Körper.