Ohne dich schlaf' ich heut' Nacht nicht ein

„Nein, hast du nicht. Aber wir kriegen dich schon wieder fit.“ Lächelnd sah er auf ihre verschränkten Hände. Da hatte er sicher nichts gegen. José würde ihn sicher wieder gesund kriegen. Aber eigentlich war er ja auch gar nicht krank. „Du willst mich also wirklich in den Schnee jagen?“ Er nickte. „Aber natürlich. Mit dem Kopf zuerst.“ Um seine Aussage zu untermalen, strich er sanft durch die dunklen Haare des Spaniers. „Doch bis dahin sollten wir die Zeit hier noch genießen.“ Er würde sich über jede einzelne Minute mit José freuen.

„Aber natürlich. Mit dem Kopf zuerst.“ Als Hansi ihm durch die Haare strich, zog er sich ruckartig zurück. „Wag es ja nicht“, drohte er und funkelte ihn aus dunklen Augen an. Doch dann musste er grinsen. „Wie gut, dass du mich vorgewarnt hast.“ Aber je länger Hansi über seinen Kopf strich, desto mehr ließ er sich fallen. „Was du machst, ist gemein“, grummelte er und kuschelte sich doch weiter an ihn. „Doch bis dahin sollten wir die Zeit hier noch genießen.“ Er nickte und malte kleine Muster auf Hansis Bauch. „Und dafür sagst du mir, was du in Spanien immer schon einmal machen wolltest.“

„Wag es ja nicht.“ Das Funkeln in Josés Augen fand er irgendwie interessant. Also sollte er das in Deutschland unbedingt mal ausprobieren. „Wie gut, dass du mich vorgewarnt hast.“ Er konnte nur lächeln, als der Spanier sich immer mehr in die Berührungen fallen ließ. So ging es ihm immer, wenn er seinen Nacken streichelte. José durfte ruhig wissen, wie sich das anfühlte. „Was du machst, ist gemein.“ Sie konnten sich gegenseitig einfach nicht widerstehen. Das war wohl das hauptsächliche Problem. Als José seine Finger über seinen Bauch wandern ließ, schloss er einfach die Augen. Das fühlte sich so gut an. „Und dafür sagst du mir, was du in Spanien immer schon einmal machen wolltest.“ Er überlegte, aber ihm fiel nichts Spezielles ein. „Mit meinem Spanier einen Sonnenuntergang am Meer beobachten.“

„Mit meinem Spanier einen Sonnenuntergang am Meer beobachten.“ Er lachte leise und pikste Hansi gegen die Brust. „Du hast schon auch eine romantische Ader, kann das sein?“ Aber es war nicht so, dass er daran keinen Gefallen finden könnte. „Dann bleiben wir jetzt im Hotel, damit du nicht wirklich noch krank wirst“, beschloss er und küsste Hansi sanft, ehe er sich wieder an ihn kuschelte. Den Rest des Tages hatten sie wirklich im Hotel verbracht. Allerdings gab es hier auch genug Möglichkeiten, sich zu beschäftigen. Und der Abend war schneller gekommen, als er damit gerechnet hatte. Als es langsam zu dämmern begann, sah er aus dem Fenster. „Lass uns an den Strand gehen“, lächelte er.

„Du hast schon auch eine romantische Ader, kann das sein?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein. Ich doch nicht.“ Leider hatte er diese Charaktereigenschaft an sich. Er liebte Romantik und das würde er auch wohl niemals wieder ändern können. „Dann bleiben wir jetzt im Hotel, damit du nicht wirklich noch krank wirst.“ Er seufzte leise in den Kuss. Aber eigentlich hatte José Recht. Dann wäre er morgen auf jeden Fall fit, wenn sie zurück nach Deutschland fliegen würden. Sie verbrachten den Rest des Tages im Hotel und erkundeten beinahe jeden Winkel. So viel Spaß wie mit José hatte er in der letzten Zeit so selten erlebt und deswegen saß er am Abend auch immer noch strahlend auf dem Bett. „Lass uns an den Strand gehen.“ Er nickte. Dort war es mehr als romantisch und sie könnten sich den Sonnenuntergang ansehen. Schnell war er in seine Schuhe geschlüpft und hatte sich seinen Mantel übergezogen und war mit José zum Strand gegangen. „Es ist wunderschön“, murmelte er und griff mutig nach seiner Hand. Es würde sie niemand erkennen.

„Es ist wunderschön.“ Er lächelte und genoss den Moment, in dem Hansi seine Hand nahm. Sie hatten ihre Umgebung im Blick und würden schon nicht erkannt werden. Also konnten sie diese kurze Zeit auch gemeinsam genießen. „Komm mit“, murmelte er und zog ihn sanft mit sich, bis sie an einer kleinen Palmengruppe ankamen. Auffordernd nickte er in den Sand und saß kurz darauf neben dem Trainer. „Ich liebe dich“, hauchte er und drückte ihm einen Kuss auf die Schulter. Mehr konnten sie hier draußen wohl nicht riskieren, aber Hansi verstand die Geste hoffentlich auch so. Da es wirklich kalt war, saß er ziemlich nah bei ihm und legte seine Hand schließlich auf Hansis Oberschenkel, während sie zusahen, wie die Sonne langsam unterging.

Sie hatten den restlichen Tag unten am Strand verbracht und waren dann zurück in ihr Hotel gegangen. Auch der nächste Tag verging wie im Flug und dann mussten sie schon wieder zurück nach Deutschland. Als sie in Frankfurt landeten, war es eisig kalt und er war froh, dass er seinen Mantel mitgenommen hatte. José schien besonders zu frieren, deswegen band er ihm kurzerhand seinen Schal um den Hals. „Ihr Südländer seid ja gar nichts gewohnt.“ Dann stiegen sie in sein Auto und fuhren zu ihm nach Hause. Auch dort war es leider kalt, weil die Heizungen über die paar Tage aus gewesen war. Schnell hatte er alles ausgeschaltet und brachte danach ihre beiden Koffer hoch ins Schlafzimmer.

Die Zeit in Spanien war viel zu schnell vergangen. Schon am nächsten Tag saßen sie im Flugzeug und aus dem Fenster konnte er schon das Wetter erahnen. Kaum standen sie vor dem Flughafen, zog er die Schultern zusammen. „Ich fliege zurück“, grummelte er und schob die Hände in seine Jacke. „Ihr Südländer seid ja gar nichts gewohnt.“ Er kniff die Augen zusammen. „Noch ein Wort“, warnte er ihn und lächelte doch schwach, als er ihm seinen Schal um den Hals band. Hansi war einfach so.
Als sie bei ihm waren, freute er sich schon auf Wärme. Doch er wurde enttäuscht. „Mach, dass es warm wird“, murmelte er und ging kurzerhand in die Küche. Während er hörte, wie Hansi hin und her lief, kümmerte er sich um warme Getränke und stellte kurz darauf zwei dampfende Tassen auf den Wohnzimmertisch. Auch die Heizungen wärmten das Haus langsam auf und er seufzte leise. „Kälte ist wirklich nicht meins“, lächelte er schwach.

„Mach, dass es warm wird.“ Er seufzte leise. In dieser Hinsicht schien er wohl wirklich anspruchsvoll zu sein. Aber ein kleines Extra hatte er da noch. Während José in der Küche war, ging er ins Wohnzimmer und machte ein Feuer in seinem Ofen. Das würde ihn hoffentlich zufriedenstellen. Als er wieder zu ihm kam, schien er es zuerst gar nicht zu bemerken. Deswegen sagte er auch nichts. „Kälte ist wirklich nicht meins.“ Er lächelte. „Man merkt es überhaupt nicht.“ Sanft legte er seine Hände in Josés Nacken und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen, ehe er ihn mit sich auf das Sofa zog. Schnell hatte er eine Decke über ihnen ausgebreitet und sich an ihn gekuschelt. „Du bist und bleibst in fast jeder Hinsicht ein echter Spanier.“

„Man merkt es überhaupt nicht.“ Er verdrehte die Augen. „Und du solltest lernen, die Ironie unterschwelliger werden zu lassen“, schlug er zurück und seufzte dann doch, als Hansi ihn küsste. Als sie unter der Decke waren, wurde ihm wirklich warm. „Du bist und bleibst in fast jeder Hinsicht ein echter Spanier.“ Er zuckte die Schultern. „Soll wohl möglich sein.“ Doch dann hörte er ein leises Knistern und er runzelte die Stirn. Aber als er den Ofen entdeckte, leuchteten seine Augen. So etwas hatte er immer haben wollen, aber in Spanien hätte man ihn für den Wunsch wohl für verrückt erklärt. „Mitkommen“, kommandierte er und griff mit einem Mal die Decken und Kissen und warf sie vor das Feuer. „Hinlegen.“

„Soll wohl möglich sein.“ Er verdrehte innerlich die Augen. José war wirklich nicht gut drauf, wenn ihm kalt war. „Mitkommen.“ Er konnte überhaupt nichts sagen, denn er zog ihn einfach mit sich. Aber auch das war José. Er hatte immer die Kontrolle und befahl auch gerne mal etwas. Dann lagen schon Kissen und die Decke vor dem Kamin. „Hinlegen.“ Er schüttelte grinsend den Kopf. „Ja, Chef.“ Aber danach war ihm gerade auch. Ein warmes Feuer, Kissen und Decken und natürlich sein Spanier. Schöner konnte es wirklich nicht sein.

„Ja, Chef.“ Er seufzte. „Das bin ich hier nicht“, murmelte er und hob dann doch eine Augenbraue, als Hansi weiterhin im Wohnzimmer stand. „Wird’s bald“, knurrte er grinsend und verfrachtete Hansi schließlich selbst auf den Boden. „Geht doch“, lachte er und breitete eine Decke über ihnen aus. „Also wenn wir so hier liegen, habe ich auch nichts gegen den Winter in Deutschland“, murmelte er und kuschelte sich noch ein Stück weiter ihn. Draußen herrschte mittlerweile ein richtiger Schneesturm und das ließ es im Zimmer nur noch gemütlicher werden.

„Das bin ich hier nicht.“ Er seufzte leise. Dass er das außerhalb war, war schon schlimm genug. „Wird’s bald“, knurrte er grinsend. Überrascht sah er den Spanier an. So hatte er ihn selbst noch nie erlebt und dann lag er auch schon auf dem Boden „Geht doch. Also wenn wir so hier liegen, habe ich auch nichts gegen den Winter in Deutschland.“ Er lachte leise. „Zwar bist du hier nicht mein Chef, aber benehmen tust du dich trotzdem so.“ Sanft fuhr er ihm durch die Haare. „Stell den Befehlston ab. Ich höre meistens auch so auf dich.“

„Zwar bist du hier nicht mein Chef, aber benehmen tust du dich trotzdem so. Stell den Befehlston ab. Ich höre meistens auch so auf dich.“ Er genoss die Berührung in seinen Haaren und sah ihn trotzdem skeptisch an. „Nur meistens?“, murmelte er und richtete sich soweit auf, dass er ihn ansehen konnte. „Ich höre wohl nicht richtig.“ Sie trieben gerade ihre Spielchen miteinander und deshalb wusste er, dass Hansi ihn nicht falsch verstand. Kurz schweifte sein Blick zu seinen Lippen. Seit sie in Spanien das Hotel verlassen hatten, war so viel Zeit vergangen… „Ich liebe dich“, murmelte er und küsste ihn sanft, ehe er wieder neben ihn rutschte.

„Nur meistens? Ich höre wohl nicht richtig.“ Er lächelte entschuldigend. Gehörig würde er ihm gegenüber wohl kaum sein. Aber das würde José auch nie ernsthaft von ihm verlangen. Da war er sich sicher. Doch als sein Blick dann plötzlich tiefer schweifte, konnte er bloß lächeln. „Ich liebe dich.“ Sanft erwiderte er den Kuss und zog ihn näher zu sich. Seine Wärme hüllte ihn komplett ein und er wollte nie wieder hier weg. Doch irgendwann musste er den Kuss lösen und er ließ sich nach hinten in die Kissen sinken. „Wenn das passiert, wenn ich nicht höre, werde ich dir gar nicht mehr zuhören.“

„Wenn das passiert, wenn ich nicht höre, werde ich dir gar nicht mehr zuhören.“ Er schüttelte den Kopf. „Spinner“, lachte er leise und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Leise seufzend machte er es sich neben ihm gemütlich und beobachtete das Feuer. Er wusste nicht, wie lange sie zusammen sein konnten und würde die Zeit deshalb umso mehr genießen. Allerdings hoffte er, dass Hansi vergessen hatte, dass er ihn in den Schnee schleppen wollte. Das, was er auf der Fahrt von Flughafen hierher gesehen hatte, reichte ihm schon.

„Spinner.“ Er verzog das Gesicht. Das war er nicht. Schließlich klammerte er sich hier hier nicht an ihn und starrte wie hypnotisiert auf das Feuer. Aber da hatte er ihn leider durchschaut und er würde ihn nach draußen kriegen. Doch zuerst konnten sie hier noch ein bisschen liegen bleiben. Während der Spanier sich auf die Seite legte, drehte er sich auf den Rücken und schloss irgendwann einfach die Augen. Er seufzte leise und driftete einfach weg. Der Flug war anstrengend und um ihn herum war alles so warm und kuschelig. Dann kam noch hinzu, dass sein Freund neben ihm lag. Es war für den Moment perfekt.

„Was haben wir eigentlich heute noch vor?“, fragte er irgendwann leise und beobachtete weiter die Flammen. Doch Hansi antwortete nicht und er drehte sich irritiert zu ihm. „Hallo?“ Fragend sah er ihn an und richtete sich auf. Hansi war einfach eingeschlafen. Lächelnd schüttelte er den Kopf. Er schien wirklich fertig zu sein. Komischerweise fühlte er sich völlig ausgeruht und drehte sich völlig zu ihm. „Ich liebe dich“, murmelte er und strich ihm über die Wange. Als Hansi plötzlich leise murmelte, hielt er inne. Das war jetzt wirklich niedlich. Entweder war er nicht wach oder er reagierte unbewusst auf das, was er sagte. Grinsend kam ihm eine Idee. „Wir müssen doch nicht raus in den Schnee, oder?“ Als er etwas hörte, dass nach einem ‚Nein‘ klang, konnte er nicht anders, als zu lachen.

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Die Semesterferien waren vorbei und er hatte sie bei seinen Eltern verbracht. Seine Kurse waren dieses Semester äußerst interessant. Denn er hatte sich für einige Spanischkurse eingeschrieben. Das hatte er schon seit dem ersten Semester machen wollen, aber irgendwie hatte er dann doch zu viel Arbeit mit seinen Hauptfächern gehabt. Sein Montag begann erst mittags mit seinem ersten Spanischkurs und so betrat er ausgeschlafen die Universität. So viele Menschen auf einmal waren beinahe nur an der Hochschule zu finden. Es war irgendwie schön, wieder hier zu sein. Er studierte gerne und deswegen hatte er gute Noten bisher. Kurz sah er auf seinen Stundenplan und schüttelte dann den Kopf. Wer hatte sich bloß solche Raumnummern ausgedacht? Mittlerweile kannte er sich aus, aber am Anfang hatte er sich immer verlaufen. Er setzte sich in die Mitte des Hörsaals und beobachtete den Mann, der vorne etwas am Laptop vorbereitete. Wenn das ihr Dozent war, würde ihm diese Vorlesung mehr als gefallen. Er biss sich auf die Lippe. Was dachte er da? Natürlich sah er gut aus und er hatte mit Sicherheit spanische Wurzeln, aber deswegen brauchte er ihn nicht so anstarren. Schnell widmete er sich wieder seinem Handy.

Er blätterte durch seine Unterlagen. Die erste Sitzung war immer sehr unspektakulär. Auch wenn er bereits ein bisschen in das Thema einsteigen und den Studierenden einen Überblick geben wollte, beschränkte es sich meist doch nur auf den Seminarplan und die Leistungen, die erbracht werden mussten. Mit einem Nicken grüßte er die Dozenten, die ihm auf dem Weg zum Hörsaal begegneten. „Herr Charlen, ich hätte da noch eine Frage…“ Er seufzte und blieb stehen. Es gefiel ihm nicht, zu spät zu kommen, doch die Angelegenheit schien keinen Aufschub zu dulden. „Dann reichen Sie die Dokumente so weiter“, erklärte er einige Minuten später und eilte zum seinem Raum. Es waren bereits einige Personen anwesend und sein Blick glitt automatisch zur Uhr. Er war tatsächlich nur fünf Minuten zu spät. Mit geübten Griffen schloss er den Laptop an und startete seine Präsentation. Das Hintergrundbild vom Strand Spaniens ließ einige junge Frauen in der ersten Reihe leise seufzen. Er lächelte. Diese Reaktion war ihm nur allzu sehr bekannt. Vor allem jetzt im Herbst wäre auch er lieber in seiner Heimat. „Guten Tag zusammen. Mein Name ist José Charlen und Sie sind hier, um sich bei Ihrem nächsten Spanienaufenthalt angemessen unterhalten zu können.“ Er hatte die Begrüßung bewusst in seiner Muttersprache gehalten und stellte erneut fest, dass die Gesichtsausdrücke immer wieder wechselten. Einige Begriffe schienen die Studierenden bereits zu verstehen und doch sah er die angespannte Konzentration. Wenn diese im Laufe des Semesters wich, hätte er sein Ziel erreicht. Damit es allerdings für die organisatorischen Dinge nicht zu Verwirrungen kam, wechselte er ins Deutsche. „Ich freue mich, dass sich so viele Interessierte zu diesem Spanischkurs verirrt haben. Sie lernen die Grundlagen der Sprache und werden am Ende in der Lage sein, sich im alltäglichen Leben Spaniens durchzuschlagen.“ Er schmunzelte und sah, wie einige bereits ihre Notizzettel füllten. Woraus der Inhalt bestand, war ihm allerdings ein Rätsel. Dann hörte er allerdings ein Klingeln und sein Blick verfinsterte sich. „Ich erwähne das einmal und gehe davon aus, dass Sie erwachsen genug sind, sich daran zu halten. Ich habe nichts dagegen, wenn Sie Ihr Handy dabei haben. Aber ich erwarte, dass es meine Vorlesung nicht stört und Sie antworten, wenn ich Sie etwas frage.“ Er ließ seinen Blick durch die Runde schweifen und merkte, dass sich alle etwas aufrechter hinsetzten. Dann hatten seine Worte ihre Wirkung nicht verfehlt. „Und nun zu dem Teil, der Sie alle am meisten interessieren dürfte. Wie erhalten Sie nach Abschluss des Semesters Ihre Scheine.“ Sofort nahmen auch die letzten Ihre Stifte zur Hand und er verdrehte innerlich die Augen. Leise seufzend ließ er die nächste Folie erscheinen, als ein Klappern ihn kurz aus dem Konzept brachte. Ein junger Mann hatte übermotiviert seinen Ordner fallen lassen und er sah ihn für einen Moment vorwurfsvoll an. „Einige von Ihnen können ihre Leistung durch ein Referat erbringen. Die übrigen und das dürfte die meisten von Ihnen betreffen, werden sich mit mir zu einem lockeren Gespräch treffen und so ihre errungenen Sprachkompetenzen zeigen.“

Als der Mann begann, etwas auf Spanisch zu erzählen, warf er vorsichtige Blicke nach links und rechts. Er war froh, dass die Meisten genauso fragend aussahen wie er selbst. Bis auf seinen Namen hatte er nämlich kein einziges Wort verstanden, aber der war dafür umso schöner. José Charlen. Vermutlich war das nur die Kurzform, denn bekanntlich bestanden spanische Namen aus viel mehr Bestandteilen. Dass die Mädels in der ersten Reihe den spanischen Dozenten so anschwärmten, nervte ihn ein wenig. Das war doch sowas von lächerlich. Er war bestimmt doppelt so alt wie sie. „Ich freue mich, dass sich so viele Interessierte zu diesem Spanischkurs verirrt haben. Sie lernen die Grundlagen der Sprache und werden am Ende in der Lage sein, sich im alltäglichen Leben Spaniens durchzuschlagen.“ Er kramte seine Zettel hervor und merkte plötzlich, wie ein Handy piepste. Erschrocken sah er auf seinen Bildschirm. Aber es war zum Glück nicht seins. „Ich habe nichts dagegen, wenn Sie Ihr Handy dabei haben. Aber ich erwarte, dass es meine Vorlesung nicht stört und Sie antworten, wenn ich Sie etwas frage.“ Ein kurzes Schmunzeln legte sich auf seine Lippen. Wollte er sich etwa mit ihnen anlegen? Die meisten Dozenten hatten bereits verstanden, dass viele Studenten nicht so viel von Mitarbeit hielten. Trotzdem mochte er seine Art seltsamerweise. So rappelte sich wenigstens jeder hier auf. Plötzlich sprach Herr Charlen von irgendwelchen Prüfungsleistungen und er hatte endlich seinen Ordner gefunden. Doch ungeschickterweise fiel er ihm aus der Hand. Verlegen sah er nach vorne und begegnete dem vorwurfsvollen Blick des Dozenten. „Die übrigen und das dürfte die meisten von Ihnen betreffen, werden sich mit mir zu einem lockeren Gespräch treffen und so ihre errungenen Sprachkompetenzen zeigen.“ Er schluckte und betete innerlich, dass er das Referat halten könnte. Denn sprechen könnte er Spanisch sicherlich nicht so gut. Er war schriftlich deutlich stärker. Nachdem sie noch einige organisatorische Dinge besprochen hatten, lernten sie, wie sie sich vorstellen konnte. „Und nun Sie.“ Ertappt setzte er sich auf, als Herr Charlen ihn dazu aufforderte. Er war der Erste und wollte sich nicht blamieren. „Me llamo Hansi.“ Die Mädchen in der vordersten Reihe kicherten. So eine Reaktion war bei seinem Name oft der Fall, aber irgendwann nervte es nur noch. „Tengo 24 años y vivo en…München?“ Er wusste nicht, ob Städtenamen anders waren. „Múnich“, verbesserte ihn Herr Charlen lächelnd. Nervös lehnte er sich zurück und war froh, dass er den Rest der 90 Minuten nicht mehr dran kam. Den ganzen Tag ließ ihn der Spanischkurs nicht los. Es hörte sich so schön an, wenn sein Dozent Spanisch sprach. Die Studenten waren im Gegensatz dazu wirklich blutige Anfänger.
Am nächsten Tag hatte er den Erweiterungskurs in Spanisch. Dort lernten sie ergänzend zum Kurs am Montag weitere wichtige Vokabeln. Dass er auch bei Herrn Charlen hatte, machte ihn irgendwie nervös. Er war sehr streng in allem und wenn er Spanisch sprechen sollte, war er oftmals verunsichert. Außerdem hatte er sich gestern so peinlich verhalten, indem er seinen Ordner durch die Gegend geworfen hatte. Völlig in Gedanken lief er durch die Gänge. „Passen Sie auf Ihren Ordner auf“, wurde er plötzlich ermahnt. Überrascht blieb er stehen und sah in das amüsierte Gesicht seines Dozenten. „Ja, mache ich“, nuschelte er und verschwand im nächsten Raum. Innerlich verdrehte er die Augen über sich selbst. Er flüchtete vor ihm, obwohl er ihm gar nichts tun konnte und er Unterricht bei ihm hatte. Seufzend ließ er sich auf einen Stuhl fallen. Heute waren sie nicht mal die Hälfte vom gestrigen Kurs. Schnell holte er seinen Ordner hervor und setzte sich nach hinten.

Es gab in jedem Kurs eine oder zwei Personen, die er schon nach der ersten Sitzung immer noch im Kopf hatte. Und dieser junge Mann, der so tollpatschig seine Aufmerksamkeit auf sich zog, gehörte definitiv dazu. Er schüttelte den Kopf, weil ihm diese Tatsache merkwürdigerweise zusagte. Das gehörte hier nicht hin. Deshalb erklärte er erste Grammatikteile und forderte dann seinen Störenfried auf, sie als erster anzuwenden. „Me llamo Hansi. Tengo 24 años y vivo en…München?“ Er lächelte. Er hatte nicht darüber nachgedacht, welche Infos er so über ihn erhielt und lehnte sich gegen den Tisch, während er ihm zuhörte. Man merkte, dass die Sprache für ihn ziemlich neu war, doch er schlug sich ganz passabel. „Múnich“, half er ihm weiter und nickte anschließend. Nachdem sich alle Studierenden vorgestellt hatten, warf er einen Blick auf die Uhr. „Wir sehen uns dann nächste Woche wieder“, verabschiedete er sich und packte seine Sachen zusammen. „Muy bien.“ Er lächelte und verließ eilig den Raum. Dass er ihn nochmal angesprochen hatte, war wirklich überflüssig gewesen, doch er hatte nicht nachgedacht. Kopfschüttelnd ging er seinen weiteren Verpflichtungen nach und warf einen Blick auf seine Kurslisten. Als er entdeckte, dass Hansi auch in einem weiteren Spanischkurs war, lächelte er. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass das noch ziemlich amüsant werden würde.
Am nächsten Tag begegnete er ihm schon auf dem Flur. „Passen Sie auf Ihren Ordner auf“, sprach er ihn beiläufig an und lachte über die Reaktion. Man schien ihn leicht aus dem Konzept bringen zu können. Er verdrehte innerlich die Augen. Über solche Dinge sollte er gar nicht nachdenken, denn er war ein Student wie alle anderen auch. Trotzdem betrat er gut gelaunt den Raum und sah, dass er sich ziemlich weit nach hinten gesetzt hatte. Während er an ihm vorbeiging, trommelte er mit den Fingern auf den Ordner. „Wir werden sehen, ob Sie nicht besser weiter vorne sitzen sollten. Wegen der Konzentration“, grinste er und warf ihm einen amüsierten Blick über die Schulter zu, weil er schon einige Schritte weiter gegangen war.

Dieser Kurs war völlig anders. Hier saßen keine nervigen Mädels, die den Sprachkurs wahrscheinlich nur machten, weil sie Herrn Charlen so spannend fanden. Er gab ihn einige Übungen, die sie machen sollten und er stürzte sich mit vielleicht zu hoher Motivation darauf. Dass er so darin vertieft war, bemerkte er erst, als jemand auf seinen Ordner klopfte. Überrascht sah er in die Augen seines Dozenten. „Wir werden sehen, ob Sie nicht besser weiter vorne sitzen sollten. Wegen der Konzentration.“ Den Blick, den er ihm zuwarf, ließ ihn ebenfalls lächeln. Herr Charlen hatte so eine angenehme Ausstrahlung. Er blinzelte und schüttelte innerlich den Kopf. So ein Unsinn. Nachdem ein Student seine Aufgabe vorgestellt hatte, suchte ihr Dozent einen Freiwilligen. Da sich niemand meldete, hob er grinsend die Hand. Die Blicke, die sie wechselten, ließ ihn vermuten, dass noch mehr amüsante Dinge passieren würden. „Kommen Sie zu mir“, bat ihn der Dozent und er glaubte, ein leichtes Funkeln in seinem Blick zu sehen. Wollte er ihn etwa provozieren? Nein. Das konnte er sich eigentlich nicht vorstellen. Als er vorne stand, wurden die anderen aufgefordert, ihn zu beschreiben. Zuerst wurden die deutschen Wörter angeschrieben und danach die spanischen. Anschließend durfte er sich setzen. Unauffällig griff er nach seinem Ordner und seiner Tasche und setzte sich eine Reihe weiter nach vorne zu den anderen. Herrn Charlens fragenden Blick fand er beinahe lustig. Es machte ihm Spaß, ihn ein wenig zu verwirren.

Da es sich hier nicht um eine Einführungsveranstaltung handelte, ging er ziemlich direkt zum Inhalt über. „Sie haben hier einige Arbeitsblätter, damit ich sehen kann, wie weit Sie bereits sind.“ Automatisch schweifte sein Blick zu Hansi, doch es wäre kein Problem, ihm etwas unter die Arme zu greifen. Einige Studierende kannte er schon aus dem letzten Semester und sie hatten dadurch einen Vorsprung. „So und jetzt hätte ich gerne einen voluntario.“ Es war zur Gewohnheit geworden, auch in deutsche Äußerungen immer wieder spanische Begriffe einzubauen. Als er sah, wie sich eine Hand hob, musste auch er lächeln. „Kommen Sie zu mir.“ Unauffällig glitt sein Blick über dessen Erscheinung. „Ich möchte, dass Sie Ihren Kommilitonen mit Adjektiven oder Redewendungen beschreiben. Zunächst sammeln wir Ihre deutschen Ideen und anschließend übersetzen wir sie in die schönere Sprache“, erklärte er mit einem Zwinkern und machte es sich selbst auf dem Tisch bequem, während die Studierenden nach und nach einige Beschreibungen lieferten. So konnte er ihn immer wieder heimlich mustern und konnte nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf seine Lippen schlich. Nach einer Viertelstunde erlöste er ihn trotzdem von seiner Position. „Vielen Dank“, lächelte er und sprang von seinem Tisch. „Und sehen Sie, vorne bei mir ist es immer spannender“, fügte er murmelnd hinzu, ehe er anfing, einige Begriffe zu übersetzen. „Die restlichen Übersetzungen füllen Sie bitte selbst. Arbeiten Sie mit Ihrem Nachbarn zusammen und leiten Sie die Lösungen von Worten ab, die Sie bereits kennen.“ Er suchte Hansis Blick, doch sein Platz war leer. Kurz runzelte er die Stirn, ehe er ihn eine Reihe weiter vorne entdeckte. Sofort musste er grinsen und schüttelte kaum merklich den Kopf. Dieses Semester würde wirklich spannend werden.

„Vielen Dank.“ Kurz sah er zu ihm und setzte sich dann wieder. Immer wieder musste er an die Blicke denken, die Herr Charlen ihm zugeworfen hatte. Es war als würden sie sich schon viel länger kennen und könnten solche Späße machen. „Und sehen Sie, vorne bei mir ist es immer spannender.“ Er biss sich kurz auf die Lippe. Irgendwie hatte das eine gewisse Zweideutigkeit und merkwürdigerweise gefiel ihm das. „Die restlichen Übersetzungen füllen Sie bitte selbst aus. Arbeiten Sie mit Ihrem Nachbarn zusammen und leiten Sie die Lösungen von Worten ab, die Sie bereits kennen.“ Es war gut, dass er sich weiter nach vorne gesetzt hatte. So saß er neben einer Studentin, die Spanisch schon ein Semester länger hatte als sie. Gemeinsam konnte sie kurz darauf eine gute Lösung präsentieren. Herr Charlen stand irgendwann hinter ihm und sah ihm über die Schulter. „Sind Sie zufrieden?“ Niemand würde seine Frage zweideutig ansehen, auch wenn sie irgendwie darüber hinausging, dass sein Text befriedigend war.